Leo Pfiffner
Leo Pfiffner ist Inhaber der LP-Consulting in Steinhausen. In seinem Rucksack befindet sich ein Master of Arts in ODE (Organizational Design and Effectiveness).
Wenn er nicht gerade arbeitet, ist er viel in Bewegung (Langlauf, Bike, zu Fuss) oder er liest ein gutes Buch.
https://www.lp-consulting.ch/
«Was wir Menschen brauchen, um uns zu entwickeln ist das Wollen.»
Interview: Roland Kämpf | Juni 2022
Was haben Sie auf dem Weg in die Selbständigkeit am meisten unterschätzt?
Schwierig zu sagen: Wahrscheinlich die hohen Anforderungen, bis ein Kundennetz aufgebaut ist. Von nichts kommt nichts. Abwarten, bis sich jemand meldet und ein Bedürfnis äussert, ist keine Option. Um das Netzwerk aufzubauen, braucht es Geduld, Engagement, Mut, Ausdauer und eine Portion Glück.
Wieso gerade Personal- und Organisationsentwicklung?
Weil ich davon überzeugt bin, dass Unternehmen nur einen Unterschied im Markt machen können, wenn sie die Wirkungsweise ihrer Mitarbeitenden positiv entwickeln können. Technologien, Verfahren usw. sind kopierbar. Der Umgang mit der Kundschaft, die Leistungsorientierung der Mitarbeitenden, die Führung der Mitarbeitenden, die Qualität der Zusammenarbeit oder die Unternehmenskultur sind aber einzigartig.
Wie oft kommt es vor, dass Sie in den HR-Abteilungen Ihrer potenziellen Kunden als «Konkurrenz» wahrgenommen werden?
Das kommt eigentlich kaum vor. Grundsätzlich sind HR-Abteilungen froh, wenn sie die hoch gesteckten Ziele mit einer gewissen Unterstützung bewältigen können. Sie hätten mehrheitlich auch zu wenig Ressourcen, um alles im geforderten Tempo umzusetzen.
Was hat sich in den letzten 10 Jahren in der Führungskultur verändert?
Es ist sicher eine neue Generation an Mitarbeitenden nachgerückt. Ihr Anspruch bezüglich Vereinbarkeit von Familien und Beruf ist viel stärker ausgeprägt, die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit wird noch mehr in Frage gestellt, Nachhaltigkeit ist ein immer wiederkehrendes Thema. Mitarbeitende wollen einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten und nicht Aufgaben abarbeiten. Insofern muss sich die Führung darauf ausrichten, Mitarbeitende stärker zu involvieren, sie in ihren Anliegen ernst nehmen, und dies im Einklang mit den Zielen des Unternehmens.
Zum Thema Personalentwicklung erscheinen (gefühlt) täglich neue Bücher. «Alter Wein in neuen Schläuchen», oder gibt es wirklich neue Erkenntnisse?
Die Zeiten sind unsicherer geworden, die Produktlebenszyklen kürzer, die Digitalisierung führt tatsächlich dazu, dass sich Unternehmen teilweise neu erfinden müssen, weil ihr Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert. Diese Dynamik in den Unternehmen verlangt nach neuen Ansätzen auch in der Führung. Ich denke, dass die VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit) einiges abverlangt und neue Lösungen gefragt sind. Das Rad wird nicht neu erfunden, aber wenn es doppelt so schnell dreht, müssen vielleicht einzelne Bestandteile davon angepasst oder verstärkt werden.
Welche Fragen sollten Sie schon lange einmal gestellt bekommen, um endlich darauf zu antworten?
Ob ich glaube, dass meine Dienstleistungen einen Unterschied für die Firmen machen können. Meine Antwort darauf: Für jeden Baum, der hier auf der Erde wächst, braucht es einen kleinen Samen als Startpunkt - dies nebst anderen Zutaten. Ich bin überzeugt davon, diesen Samen legen zu können. Was daraus gemacht wird, hängt dann von vielen Faktoren aller Beteiligten ab.
Was erwartet uns bezüglich Personalentwicklung in Zukunft?
Ich bin davon überzeugt, dass es einen neuen Lernbegriff braucht, der zwischen «können» und
«wollen» angesiedelt ist. Wissen aneignen ist nur ein Teil und vergrössert das Können. Aber die Informationen an sich können im Internet heruntergeladen oder gelesen werden. Was wir Menschen brauchen, um uns zu entwickeln ist das Wollen: Es sind die Fähigkeiten, sich selbst in Frage zu stellen und sich im Austausch inspirieren zu lassen. Nicht was ich lerne verändert mich, sondern welchen neuen Aspekt ich mir vornehmen will, um daran zu arbeiten. Personalentwicklung ist immer auch ein individueller Willensentscheid. Dann stellt sich die Frage: Wie können wir das Wollen fördern?