Ein Unternehmer, der eigentlich Polizist werden wollte
Jürg Häusler
Jürg Häusler ist Inhaber und Geschäftsführer der Häusler Ingenieure AG mit Sitz in Langenthal. Die Firma bietet Dienstleistungen in den Bereichen Gebäudetechnik (Heizung, Kälte, Klima, Sanitär) und Energie (Energieberatung, Photovoltaik) an.
Interview: Roland Kämpf
«Ich gebe den Leuten Freiraum und höre gerne verrückte Ideen»
Ich habe mich mit Jürg Häusler im Sitzungszimmer der Häusler AG in Langenthal zusammengesetzt und mit ihm über seinen Werdegang und seine Rolle als Unternehmer, Mediator, Politiker und Schlagzeuger gesprochen.
Herr Häusler wann sind Sie in das Familien-Unternehmen eingetreten?
1994 bekam ich die Möglichkeit, in Zofingen eine Zweigstelle aufzubauen. Mein Vater bot mir diese Möglichkeit unter drei Bedingungen: Ich musste in Zofingen wohnhaft werden, in die Politik eintreten und mich dort am gesellschaftlichen Leben engagieren. Ich packte die Gelegenheit und baute innerhalb kurzer Zeit ein grosses Netzwerk auf und damit kamen auch die Aufträge. 2005 übernahm ich zusätzlich den Hauptsitz in Langenthal und war ab diesem Zeitpunkt – in zweiter Generation - für beide Standorte verantwortlich.
Hat Ihr Vater von Ihnen erwartet, dass Sie ins Familienunternehmen einsteigen?
Als Schuljunge war ich öfters im Büro meines Vaters und habe Pläne koloriert. Mich faszinierte die Tätigkeit meines Vaters. Ich absolvierte dann die Lehre als Heizungszeichner in Bern bei Gebrüder Sulzer AG. Im dritten Lehrjahr wuchs bei mir jedoch plötzlich der Wunsch, Polizist zu werden. Ich beschaffte mir ein Anmeldeformular für die Polizeischule und war fest entschlossen diesen Weg einzuschlagen. Mein Vater hat dies mitbekommen. Er engagierte dann einen Freund, um mir diesen Wunsch auszureden. Dieser Freund lud mich zum Mittagessen ein und wirkte solange auf mich ein, bis ich das Vorhaben aufgab. Ich bereue bis heute, dass ich mich umstimmen liess.
Hat Ihr Vater auch zum Ingenieur-Studium gedrängt?
Ja, das war vorgezeichnet. Diese drei Jahre am Tech – wie es früher hiess – waren für mich keine einfache Zeit. Ich hatte in der Mathematik Schwierigkeiten und musste einen sehr grossen Aufwand betreiben. Nach dem Abschluss wollte ich für ein Jahr nach Amerika und dort eine professionelle Schlagzeugausbildung absolvieren. Aber auch diesen Wunsch musste ich aufgeben. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits mit Haut und Haaren im Geschäft integriert und meine Eltern wollten mich nicht mehr gehen lassen. Viele Jahre später gönnte ich mir - nach meinen Grundausbildungen am Konservatorium in Bern - dann eine Intensiv-Woche Schlagzeugunterricht im Drummers Collective in New York.
Ist Ihnen der Wechsel vom Ingenieur zum Unternehmer leichtgefallen?
Ja, denn ich war nie ein begeisterter Ingenieur. Ich bin besser im Organisieren und im Verkauf von Dienstleistungen. Ich bin eher ein strategisch denkender Mensch.
Auf welche Errungenschaft der letzten 10 Jahre sind Sie besonders stolz?
In den letzten vier Jahren haben wir zusammen mit dem Energieversorger in Langenthal alternative Energieversorgungssysteme aufgebaut. Ich spürte schon vor dem Ukraine-Krieg, dass wir von den fossilen Energieträgern wegkommen müssen. Dank unserem Drängen konnten wir zusammen mit den Industriellen Betrieben AG Langenthal (IBL) grössere Anlagen mit erneuerbaren Energieträgern planen und umsetzen.
Sie haben eine Ausbildung zum Mediator CAS an der Uni Fribourg absolviert. Was hat sie dazu motiviert?
Jedes Bauprojekt ist individuell und hat Ungenauigkeiten in den Spezifikationen. Zudem ergeben sich während der Ausführungsphase diverse Änderungen. Dies führt immer wieder zu Auseinandersetzungen, die nicht selten vor dem Richter landen. Ich sah mehrmals, dass mittels einer frühen Deeskalation, der Weg zum Gericht hätte vermieden werden können. Ich suchte deshalb nach einer geeigneten Ausbildung, um künftig solche Schlichtungskommunikationen führen zu können.
Was hat Ihnen diese Ausbildung gebracht?
Das war eine meiner besten Ausbildungen. Ich kann das Gelernte täglich im Umgang mit Mitarbeitenden oder Kunden anwenden. Auch mich persönlich hat die Ausbildung verändert. Ich fühlte mich vorher schneller angegriffen. Heute gehe ich viel gelassener mit Kritik um. Letztlich ist alles eine Frage, wie man miteinander kommuniziert.
Wie profitieren Ihre Mitarbeitenden davon?
Ich habe beispielsweise die Jahresentwicklungsgespräche völlig umgekrempelt. Bei diesen Gesprächen stehen nun die Mitarbeitenden im Mittelpunkt. Wir lassen hauptsächlich die Mitarbeitenden erzählen. Sie sollen über sich und ihre Leistung reflektieren. In der Kommunikation ist es wichtig, gut zuzuhören und Fragen zu stellen. Seit wir diese Vorgehensweise konsequent umsetzen, sind die Gespräche offener und interessanter.
Wie reagieren Sie, wenn Sie als Chef völlig anderer Meinung sind?
Dann sind wir mitten in der Konfliktklärung. Menschen reden gern aneinander vorbei. Meist geschieht dies unbewusst. Dann bedarf es meistens einiger Fragen, um die Zwiebel zu schälen, also herauszufinden, wo die unterschiedliche Wahrnehmung herkommt. Durch das Häuten der Zwiebel kommt man letztlich zum Kern des Konflikts. Solche Gespräche sind anspruchsvoll, führen aber meistens zu einem akzeptablen Konsens.
Sie haben sich lange in der Politik engagiert und sind bis heute in diversen Gremien aktiv. Weshalb nehmen Sie diese Zusatzbelastung auf sich?
Ich empfinde dies nicht als Belastung. Ich war acht Jahre lang verantwortlich für die Finanzen im Gemeinderat der Stadt Langenthal. Dies konnte ich in einem 20 bis 30 Prozent Pensum bewältigen. Dabei lernte ich wie Politik und Verwaltung funktionieren. Dies hilft mir im täglichen Umgang mit den verschiedenen Behörden.
Fehlt Ihnen diese Zeit nicht im Geschäft?
Zum Führen meines Ingenieurbüros mit 20 Mitarbeitenden wende ich 50 Prozent meiner Zeit auf. Die anderen 50 Prozent setze ich für VR-Mandate, Mediationen und Projektleitungen ein. So komme ich insgesamt auf ein Engagement, das mit einem vernünftigen Aufwand händelbar ist.
Wo kommen Ihnen die besten Ideen?
Im Tessin. Ich besitze dort ein Rustico. Die andere Umgebung, die Luftveränderung und der Austausch mit verschiedenen Menschen führen zu neuen Gedanken und Ideen.
Wie schaffen Sie es, Krisen in den Griff zu bekommen und dabei nicht auszubrennen?
Als Unternehmer kann man nie vollständig abschalten. Die Phasen während denen sich meine Gedanken nicht ums Geschäft drehen, sind eher rar. Man hat immer entweder zu viel oder zu wenig Aufträge. Dies beschäftigt einen ständig. Ich suche mir dann den Ausgleich beim Sport und bei der Musik.
Sie spielen noch Schlagzeug bei der Blue Ties Big Band. Weshalb gerade Big Band?
Ich war schon immer interessiert an grösseren Jazzorchestern. In einer Big Band zu spielen ist sehr anspruchsvoll. Man ist quasi der verlängerte Arm des Dirigenten. Der Schlagzeuger ist der Pacemaker und hält die Band zusammen. Da gibt es Parallelen zu meiner Arbeit als Unternehmer. Dort gebe ich auch den Takt vor und versuche alles zusammen zu halten.
Steckbrief
Ausbildung: Dipl. Ing. FH SIA
Weiterbildungen: NDS marktorientierte Unternehmensführung
CAS Mediation und Konfliktklärung
Mandate: VRP, Industrielle Betriebe, Langenthal
Vorstand HEV, Region Langenthal
VR und Baukommission KEBAG Zuchwil
Wohnhaft: Langenthal
Zivilstand: Verheiratet
Kinder: 3 (24, 22, 16)
Hobbys: Musik, Ausdauersport (Joggen, Biken)