Risiken und Nebenwirkungen einer Reorganisation

von Roland Kämpf, September 2023

Teil 1: Kommunikation, Timing

Kommunikation und Timing sind die wichtigsten Faktoren bei einer Reorganisation. Sie sind besonders zentral bei der Kommunikation von Kündigungen.

Der Kommunikationsaufwand darf dabei nicht unterschätzt werden. In einem sonst schon eng getakteten Kalender ist es häufig schwierig die vielen zusätzlichen Gespräche unterzubringen. Gutes Timing sowie offene und ehrliche Kommunikation führen zu mehr Fairness bei Reorganisationen mit Kündigungen.

Zuoberst auf der To-Do-Liste einer Reorganisation steht die Einigung der vorgesehenen Veränderungen innerhalb der Geschäftsleitung. Diese Einigung erfolgt oft erst kurz vor der geplanten Umsetzung der Reorganisation. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern. Dabei wäre es ratsam die Betroffenen top-down in das Vorhaben mit einzubeziehen. Gerade die wichtigsten Kaderleute sollten in die Ausgestaltung des neuen Organigramms mit einbezogen werden. Damit erzielt man eine höhere Akzeptanz und erkennt noch Denkfehler im Vorhaben. Diese Erstgespräche mit den Betroffenen, sind in der Regel nicht einfach, da die angesprochenen Führungskräfte oftmals keinen Bedarf an Veränderungen sehen. Da lohnt es sich, Zeit für mehrere Gespräche einzuplanen. 

 

Ebenfalls wichtig sind Einzelgespräche mit den Leistungsträgern auf allen Stufen. Ihnen sollten unter anderem ihre Perspektiven im Unternehmen verdeutlicht werden, um ein Abwandern zu vermeiden. Gerade wenn Kündigungen anstehen, ist das Timing und die Einhaltung einer korrekten Reihenfolge in der Kommunikation sehr wichtig. Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie schwierig dies sein kann. Gerade wenn Personen während dieser Zeit in den Ferien sind oder durch sonstige Abwesenheiten nicht zur Verfügung stehen. 

 

Wie schwierig ein korrektes Timing sein kann, konnte man bei der Entlassung von Julian Nagelsmann, ehemaliger Trainer des Fussballclubs Bayern München,  miterleben. Julian Nagelsman befand sich während eines spielfreien Wochenendes im Kurzurlaub, als ihn sein Manager anrief und ihn fragte, ob er von seiner Entlassung schon gehört habe. Offensichtlich hat es die Presse vor Nagelsmann erfahren und anschliessend mit seinem Manager darüber gesprochen. Dieses Beispiel zeigt die Problematik, wenn Brisantes zu früh nach draussen gelangt.

Ich war einmal Teil einer Reorganisation, wo mitten in der Umsetzungsplanung noch eine mehrtägige Kaderschulung geplant war. Diese Schulung wurde zu einer Zeit festgelegt, wo ein Veränderungsprozess noch kein Thema war. Die bevorstehende Reorganisation beinhaltete auch Entlassungen im Bereich des Kaders. Sagt man die Schulung ab oder führt man die Schulung durch wie geplant? Der damalige Projektleiter dieser Umstrukturierung entschied sich für eine Durchführung dieser Schulung. Ich weiss noch genau wie unangenehm für uns der Umgang mit denjenigen Kollegen war, die kurz darauf entlassen wurden. Von diesen Kollegen mussten wir uns später anhören, dass es äusserst unfair war, im Wissen der bevorstehenden Kündigungen, eine solche Schulung noch durchzuführen. Für mich hat sich dies damals schlecht angefühlt. Ich denke im Nachhinein wäre eine Absage dieser Kaderschulung die bessere Wahl gewesen.

Ein weiteres Beispiel für unglückliches Timing war die Entlassung des Clubchefs und  des Sportvorstands bei Bayern München. Kurz nach Abpfiff des letzten Meisterschaftsspiels von Bayern München, bei dem sie die Meisterschaft gewannen, wurden die Spieler noch in der Garderobe darüber informiert, dass der Clubchef Oliver Kahn und der Sportvorstand Hasan Salihamidzic mit sofortiger Wirkung entlassen sind. Diese Nachricht ruinierte die gesamte Meisterfeier. Da fragt man sich, wieso man nicht bis nach der offiziellen Meisterfeier und Abschluss der Saison warten konnte. 

Zusammenfassung

Heikle Situationen gibt es bei jeder Reorganisation. Überlegen Sie sich beispielsweise gut, ob Sie mit Ihrem Verkaufschef noch die wichtigste Ausstellung Ihrer Branche durchführen, im Wissen, dass Sie Ihn kurz darauf entlassen. Je nach Umfang der Reorganisation, gilt es nebst der eigenen Organisation (dazu gehören auch die Tochtergesellschaften) die Kunden und Lieferanten zeitnah und stufengerecht zu informieren. Wenn Sie dies vergessen, werden es Ihre Konkurrenten tun und Sie werden über eine geraume Zeit mit Erklärungen und Rechtfertigungen beschäftigt sein. 

Eine detaillierte Reorganisationsplanung mit integriertem Kommunikationsplan hilft bei der Vermeidung grösserer Kommunikationspannen.