Betriebsblindheit entsteht durch routinemässige Arbeitsweisen, einseitige Wahrnehmungen und starre Machstrukturen, was zu verpassten Chancen, sinkender Produktivität und Mitarbeiterunzufriedenheit führt. In diesem Artikel beschreibe ich drei Massnahmen zur Befreiung von begrenzten Wahrnehmungen:

1.    Erfolgsgeschichten präsentieren

2.    Zeit für kreative Projekte einplanen

3.    Mentoring-Programme

Es müssen nicht diese drei Massnahmen sein - es sind bloss Anregungen. Sei kreativ bei der Suche nach weiteren Massnahmen.


Roland Kämpf
Lesedauer: 5min.

Betriebsblindheit - drei Massnahmen zur Befreiung von begrenzten Wahrnehmungen

Es ist wieder einer dieser Abteilungssitzungen, wo es bei Martin Kern im Inneren brodelt. Er denkt darüber nach, mit der Faust auf den Tisch zu hauen und dem Team die Meinung zu geigen. Sekunden später verwirft er diesen Gedanken. Das Entwicklungsteam ist seit mehreren Jahren zusammen und hat schon so manches Produkt erfolgreich auf den Markt gebracht. 

Seit einiger Zeit ist jedoch der Wurm drin. Das Team dreht sich im Kreis und findet keine kreativen Lösungen mehr. Herr Kern ist seit Tagen angespannt, denn der Druck der Geschäftsleitung sitzt ihm im Nacken. Was soll er tun, um diesen Kreis zu durchbrechen?

Am Abend nach einem anstrengenden Tennismatch sitzt er mit seinem Tennispartner bei einem Glas Wein zusammen. Er erzählt ihm von seinem Problem und fragt ihn um Rat. Sein Tennisfreund lächelt und erzählt ihm, dass er dies kenne. Er sei selbst einmal in einer ähnlichen Situation gewesen. Er habe damals lange überlegt an was es liegen könnte. Letztlich kam er zum Schluss, dass ein erfahrenes Team nicht davor geschützt sei, einer gewissen Betriebslindheit zu verfallen. Da braucht es neue Impulse, neue Fragestellungen und eine neue Herangehensweise.

Er musste sein Ego überwinden, um sich jemanden von aussen zu holen, der ihm und seinem Team half, die gewachsene Betriebsblindheit zu überwinden. 

Betriebsblindheit kann verschiedene Ursachen haben

Routine

Tägliche Routinen und traditionelle Arbeitsweisen führen dazu, dass Mitarbeitende Veränderungen oder neue Ansätze nicht mehr wahrnehmen oder berücksichtigen.

Voreingenommen

Mitarbeitende neigen dazu, Informationen herauszufiltern, die ihre bestehende Überzeugung bestätigen, während sie entgegengesetzte Informationen ausklammern. Dies führt zu einseitigen und falschen Schlussfolgerungen.

Machtstrukturen

Bestehende Machstrukturen können Betriebsblindheit verstärken, wenn sie abweichende Sichtweisen unterdrücken. Identifizierung der Machtdynamiken in einer Organisation kann helfen, dieses Hindernis zu überwinden.

Fehlende externe Perspektiven

Ein Mangel an Input von aussen, beispielsweise durch Kundenfeedback, führt dazu, dass eine Organisation nicht mitbekommt, was ausserhalb ihrer eigenen Blase passiert.

Änderung der Denkweise

Organisationen können in festgelegten Denkweisen gefangen sein. Betriebsblindheit hält an alten Denkmustern fest. Diese Denkmuster müssen durch neue Erkenntnisse oder Veränderungen im Umfeld herausgefordert werden.

1.   Erfolgsgeschichten präsentieren

Zeige Beispiele von innovativen Projekten und Personen, die durch unkonventionelles Denken Erfolg hatten:

·      Steve Jobs: Er war bekannt für seine Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen und Technologien neu zu interpretieren. Sein Fokus auf Design, Benutzerfreundlichkeit und Integration von Hard- und Software führte zu revolutionären Produkten.

·      Henry Ford: Er setzte auf Standardisierung und führte das Fliessband in seine Produktionsprozesse ein. Die Fliessbandproduktion ermöglichte es Ford, die Produktionszeit für ein Modell T von 12 Stunden auf 93 Minuten zu reduzieren. Ford hat damit die Automobilindustrie revolutioniert und den Grundstein für moderne Massenproduktion gelegt.

·      Dietrich Mateschitz: Während einer Geschäftsreise nach Thailand in den 1980er Jahren entdeckte Mateschitz das lokale Getränk Krating Daeng, ein Energy-Drink, der bei thailändischen Arbeitern und Lastwagenfahrern sehr beliebt war. Beeindruckt von der Wirkung des Getränks beschloss er zusammen mit dem Hersteller Chaleo Yoovidhya, das Getränk für den internationalen Markt zu adaptieren und gründeten 1984 die Red Bull GmbH. Sie modifizierten die Rezeptur und das Branding des Getränks, um es für den westlichen Markt attraktiver zu machen. Sie führten das charakteristische rote und silberne Dosen-Design ein.

·      Elon Musk: Er hinterfragte die konventionellen Ansätze in der Raumfahrtindustrie und setzte auf die Entwicklung von wiederverwendbaren Raketen, um die Kosten für Weltraummissionen drastisch zu senken.

·      Mark Zuckerberg: Seine Erfolgsgeschichte ist geprägt von Innovation, strategischem Denken und der Fähigkeit, auf sich veränderte Marktbedingungen zu reagieren. Von der Gründung von Facebook in einem College-Wohnheim bis zur Entwicklung eines globalen Technologiekonzerns zeigt sein Werdegang die Kraft von Vision und Unternehmensgeist. Trotz der Herausforderungen und Kritik, denen das Unternehmen begegnet ist, bleibt Zuckerberg eine einflussreiche Figur in der Technologiebranche.

·      Jeff Bezos: Er erkannte frühzeitig das Potential des Internets für den Einzelhandel und startete Amazon als Online-Buchhandlung. Er erweiterte das Geschäftsmodell kontinuierlich und setzte auf Kundenorientierung, Technologie und Skaleneffekte.

·      James Dyson: Er hinterfragte die Effizienz herkömmlicher Staubsauger und entwickelte einen beutellosen Staubsauger mit Zyklon-Technologie, die die Saugkraft konstant hielt.

Diese Beispiele können inspirieren und den Mut fördern, eigene kreative Ideen zu entwickeln.


1.   Zeit für kreative Projekte einplanen

Ermögliche den Mitarbeitenden, einen Teil ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte oder zur Erkundung neuer Ideen zu nutzen. Dies könnte ähnlich dem «20%-Projekt» von Google sein, wo Mitarbeitende einen Tag in der Woche an eigenen Projekten arbeiten dürfen. 

Implementierung des 20%-Projekts

Freiheit zur Ideenfindung Mitarbeitende werden ermutigt, eigene Projekte vorzuschlagen und daran zu arbeiten. Diese Projekte sollten zwar einen Bezug zu Googles Geschäftsfeldern haben, sind aber ansonsten weitgehend offen.

Management-Unterstützung

Das Management unterstützt und fördert die Arbeit an 20%-Projekten. Mitarbeitende erhalten die notwendige Zeit und Ressourcen, um ihre Ideen zu verfolgen.

Kollaboration und Teamarbeit

Mitarbeitende können andere Kollegen in ihre Projekte einbeziehen, was die Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen fördert.

Regelmässige Überprüfung

Projekte werden regelmässig überprüft, um den Fortschritt zu bewerten und zu entscheiden, ob zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden sollten oder ob das Projekt in eine reguläre Produktentwicklung überführt werden kann.

Neue Produkte und Dienstleistungen

Einige der bekanntesten und erfolgreichsten Produkte von Google sind aus 20%-Projekten entstanden. Hier einige Beispiele:

·       Gmail: Paul Buchheit entwickelte Gmail als sein 20%-Projekt. Heute ist Gmail einer der meistgenutzten E-Mail-Dienste weltweit.

·       Google News: Dieser Dienst entstand aus einem 20%-Projekt von Krishna Bharat, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eine Möglichkeit schaffen wollte, Nachrichten effizienter zu durchsuchen und zu organisieren.

·       AdSense: Ein weiteres erfolgreiches Produkt, das aus einem 20%-Projekt hervorging, ist AdSense, ein Dienst, der es Webseitenbetreibern ermöglicht, Werbung zu schalten und Einnahmen zu generieren.

Trotz der Erfolge gibt es auch Herausforderungen und Kritikpunkte am 20%-Projekt

Zeitmanagement

Die Balance zwischen regulären Aufgaben und 20%-Projekten kann schwierig sein. Manchmal nehmen die regulären Aufgaben so viel Zeit in Anspruch, dass kaum noch Zeit für die 20%-Projekte bleibt.

Prioritäten

Es kann vorkommen, dass Mitarbeitende ihre regulären Aufgaben vernachlässigen, um mehr Zeit für ihre 20%-Projekte zu haben, was zu Konflikten führen kann.

1.   Mentoring-Programme

Mentoring kann eine bedeutende Rolle bei der Förderung von Kreativität in einer Organisation spielen. Durch gezielte Unterstützung, Inspiration und Wissensaustausch kann ein Mentor den Mentee dazu ermutigen, neue Ideen zu entwickeln und innovative Ansätze zu erfolgen. Hier sind einige Wege, wie Mentoring bei der kreativen Förderung helfen kann:

Erfahrung und Wissen teilen

Ein Mentor kann sein Wissen und seine Erfahrungen aus der Branche weitergeben, einschliesslich bewährter Methoden, die der Mentee möglicherweise nicht kennt. Mentoren können ihre eigenen Fehler und daraus resultierende Lernerfahrungen teilen, um den Mentee vor ähnlichen Problemen zu bewahren und ihm helfen, schneller zu lernen.

Netzwerke erweitern

Mentoren können Mentees mit nützlichen Ressourcen, Kontakten und Netzwerken bekannt machen, die deren kreatives Potenzial erweitern und neue Möglichkeiten eröffnen. Mentoren können den Mentee mit Fachleuten aus anderen Disziplinen in Kontakt bringen, was zu neuen Perspektiven und kollaborativen Projekten führen kann.

Unterstützung und Motivation

Ein Mentor kann dem Mentee Vertrauen und Mut zusprechen, insbesondere wenn dieser sich unsicher fühlt oder Angst vor dem Scheitern hat. Diese Unterstützung kann wesentlich dazu beitragen, dass der Mentee Risiken eingeht und kreative Ansätze verfolgt. Durch positive Rückmeldungen und Anerkennung kann ein Mentor die Motivation und das Selbstbewusstsein des Mentees stärken, was zu einer höheren kreativen Leistung führt.

Kritisches Denken und Reflexion fördern

Mentoren können Mentees dazu anregen, ihre eigenen Ideen und Ansätze kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Dies kann durch gezielte Fragen und Denkanstösse geschehen. Ein Mentor kann helfen, den Mentee dazu zu bringen, Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, was neue kreative Lösungen hervorbringen kann.

Struktur und Orientierung bieten

Mentoren können Mentees dabei helfen, klare Ziele zu setzen und Strategien zu entwickeln, um diese zu erreichen. Strukturierte Ansätze können den kreativen Prozess effizienter gestalten. Ein Mentor kann Tipps und Techniken zum Zeitmanagement und zur Priorisierung von Aufgaben geben, um sicherzustellen, dass der Mentee genug Zeit für kreative Aktivitäten hat.

Förderung von Innovationskultur

Mentoren, die selbst kreativ arbeiten, können als Vorbilder dienen und eine Kultur der Kreativität fördern. Mentoren können dazu beitragen, eine offene und kreative Unternehmenskultur zu fördern, indem sie die Bedeutung von Kreativität in der Organisation betonen.

Praxisbezogene Unterstützung

Mentoren können Mentees in konkreten Projekten unterstützen und ihnen helfen, kreative Herausforderungen zu meistern. Dies kann durch direkte Zusammenarbeit oder beratende Unterstützung geschehen.